Wackelkontakt: Über Metakommunikation auf unterster Ebene

Ein Smiley zeigt an, dass etwas fehlt: Der Wille nämlich zu einem vollständigen Gedanken. Dabei wissen die Hersteller jener abgebrochenen Sendung sehr wohl, dass sie zu wenig liefern und schmeißen beschwichtigend sozialen Ramsch hinterher: Das Smiley. Wie eigentlich nennt man das, was man im Handel als Entschädigung dafür bekommt, dass man ein fehlerhaftes Produkt erhalten hat?

Qualitätsware hätte so etwas nicht nötig. Im Gegenteil. Welcher Stümper wollte einen hübsch zusammengezimmerten Gesprächsgegenstand nachträglich durch ein Smiley entstellen? Aber dazu kommt es nicht. Die steinige Mühe vor Augen, den vollständigen Gedanken ins Ziel schleppen zu müssen, brechen die meisten die Übertragung willkürlich ab und erklären den stiefmütterlich hingeworfenen Gedankentorso leichten Hirns für fertig, indem sie ihr Smiley sprechen lassen: »Freund, ich bin dir wohlgesonnen – viel mehr brauchst du jetzt nicht wissen.« Konversation ist zu anstrengend. Man furzt ohne anständig verdaut zu haben.*

Die Vorteile des Smileys wiederum sind zu offensichtlich, um nicht sofort zu bestechen: Sie sparen Zeit: Emoticons sind Fertiggerichte fürs Gemüt. Bla-Bla to-go. Andererseits versichern sie dem Empfänger, dass man es ganz sicher nicht so gemeint hat – sollte man sich versehentlich den Luxus einer Meinung geleistet haben.

Dennoch: Ein Smiley ist nichts weniger als eine Beleidigung. Wenn nämlich das Wertvollste des Menschen des Menschen Zeit ist, dann bekommt man hier sehr augenscheinlich bedeutet, was man dem anderen gerade nicht wert ist: Wer ein Smiley erhalten hat, dem wurden die sozialen Zuwendungen gekürzt; der wurde in den freundschaftlichen Sparhaushalt verschoben. Und sage nur keiner, dass er keine Zeit habe. Niemand hat jemals Zeit. Aber wenn man schon keine Zeit hat, dann sollte man diese nicht auch noch mit Belanglosigkeiten vertun.

Immerhin: Die Smiley-Benutzer »sparen« am Ende nicht nur sich selbst die Zeit, sondern auch uns. Denn das Smiley ist sehr hilfreich bei der sozialen Schnellauswahl: Personen, die Smileys versenden, muss man nicht antworten. Ein Smiley ist wie ein Prüfzeichen: Transportgut bedenkenlos. Inhalt lässt sich ohne Rückstände entsorgen.

Es spricht ja nichts dagegen, faul zu sein und sich das Leben einfach zu machen. Aber doch nicht da, wo es spielt. Da nämlich, wo man – vermittelt oder unvermittelt – noch aufeinander trifft. Mäßigen wir uns endlich zur Milde herab und erinnern uns ehrfürchtig daran, welch schrecklichen Fluch schon Giacomo Casanova der Menschheit hinterlassen hat:

»Faulheit wird durch Langeweile schon bestraft«.

*Die vorliegende Polemik hält es nicht für nötig zu beweisen, dass es immer falsch ist – selbst in den nebensächlichsten Angelegenheiten – den Anspruch aufzugeben, Haltung zu zeigen. Der kategorische Imperativ gilt immer, auch im Bereich des geselligen Obsorgens.