Ich flieh aus der Idylle fort,
Mir fehlt des Lebens Fülle dort.
Autor: Sudelseite (Seite 6 von 31)
Setze dich niemals mit Hunger an den Tisch deines Feindes.
Man fühlte sich zunächst beinah erschreckt
Und witterte für einen Augenblick Revolte.
Jedoch das Feigenblatt hielt nichts versteckt
Von dem, was hinter Kunst nicht stehen sollte.
Dies wurde mit Erleichterung entdeckt
Von einer Jury, die nichts finden wollte.
Das Ärgernis, ganz nach der Art gediehen,
Bekam für diese Pietät den Preis verliehen.
Es gibt einmal Vorhersagen, auf die man sich besonders reserviert, um den Moment ihrer Wahrwerdung abzupassen. Nicht eben sehnsüchtig. Aber doch nicht ohne Eifer. Träfen sie nicht ein, änderte das nichts an den Gesetzen der Welt. Die Welt würde auch ohne jene Beispiele fortfahren, sich in erwarteten Bahnen zu bewegen. Aber natürlich wollen wir so viel Fleisch wie möglich durch den Wolf drehen. Nichts ist außerdem besser für den Ruf der eigenen Weltanschauung, als das Eintreffen derjenigen Vorhersagen, die man auf Grundlage derselben getätigt hat. Daher begrüßte ich dieser Tage mit einiger Genugtuung die Schlagzeile:
»Hoeneß nimmt Tönnies in Schutz«.
Das ist sie, die Solidarität der oberen Zehntausend. Das ist Klassenbewusstsein, Erkenntnis: Wenn es um die Wurst geht, dann nicht in Scheiben.
Mein Blick verfehlte knapp sein Ziel,
Drauf er in deinen Ausschnitt fiel,
Wo er, in seinem dunklen Drang,
Auf steilem Pfad hinab sich schlang.
Auf einmal aber hing er fest,
Da wartet er nun auf den Rest.
Das Märtyrertum des wahrhaft heldenhaften Intellektuellen bemisst sich an der Zahl der Freunde, die er seinen Prinzipien geopfert hat.
Jeder Mensch bedarf des Rates
In Betreff gemeiner Sitten.
Und er leiht sich oft probates
Muster danach aus bei Dritten.
Bei berühmten Regisseuren,
Mannequins und Rennpiloten,
Volksvertretern, selbst Friseuren,
Alle überangeboten.
Die beschwatzt ein nie verzagter
Mittelsmann: der Journalist.
Weil ein Jemand (ein Gefragter)
Nicht für uns zu sprechen ist.
Drollig dreht sich das Gespann
Unentwegt auf dünnem Eis,
Wie der eine, der nichts kann,
Einen fragt, der gar nichts weiß.
Aus der Auswahl der Sätze, die man gegen Köpfe wirft, tut sich dieser durch besonderen Hohlklang hervor:
»Hast Du nichts zu tun?«
Das ist zunächst einmal nichts weiter als ungeschickt verstecktes Eigenlob: »Ich nämlich«, und nichts anderes lässt der Sprecher stolz im Subtext mitfließen, »ich nämlich habe Wichtiges zu tun, folglich bin ich wichtig«. Folglich findet derjenige noch stets die Zeit, sein Publikum aufzusuchen, um sich demgemäß mitzuteilen.
Doch dem Stolz über die eigene Bedeutsamkeit ist bereits eine Angst untergemengt: Als stünde der Sprecher vor einseitig verspiegeltem Glas, wohinter wiederum ein Macht sitzt, von welcher er sich gedrängt fühlt, in steter Folge den Beweis der eigenen Profitabilität zu erbringen. Ganz so, als machte sich jeder schuldig am Gemeinwesen, der am Ende des Tages Zeit hätte, die ihm dann nur noch zu verschwenden übrig bliebe. Und er fühlt schon mit deutlichem Schauder, dass die Nachfrage nach seinen Fähigkeiten nicht allein von seinem Leistungswillen abhängt.
Doch ächzend unter der Last der Aufgaben, durchsiebt von Stress, geht der Gepeinigte dennoch davon aus, dass das »zu tun Haben« der Ottonormalbetrieb des Menschen ist. Gesegnet die Obrigkeit, welche sich solcher Untertanen sicher wissen kann, die sich gegenseitig befeuern mit Sätzen wie: »Hast du nichts zu tun?« Es gibt welche, die sagen Fegefeuer dazu. Ich möchte mit Frank Wedekind erwidern:
»Welchen Sinn hat das Leben eines Menschen, der keine Zeit hat?«.
Man baut das Boot nicht im Wasser.
Des Elends Hofpoet
Hat uns ein Bild gemacht
Vom Ende der Geschichte.
Gleichwohl, es wühlt im Wichte,
Wie er im Bahnhof steht,
Ihm dämmert’s mit der Nacht:
Er ist zu spät.
Er kann das Ticket sparen,
Der Zug ist abgefahren.