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Verse und andere Gereimtheiten

Monat: Mai 2025

Hegel in Love

Du willst meine Gedichte nicht,
Ich kann’s dir nicht verdenken.
Du fühlst mit Recht, was jeder Vers
Dir raubt, Dich zu verschenken.

Er nimmt, was dir allein gehört,
Und zerrt es auf die Bühne,
Und meint dann alles allgemein,
Ich weiß, dass ich das sühne!

Doch bleibt das dir Besondere
In alledem enthalten,
Dein Mannigfaches bildet sich
Heraus in den Gestalten.

Und immer neu zurückgekehrt,
Bleibst du auf ewig mein.
Auch wird die Welt, die ich erschaff,
In dir gefangen sein.

Du willst meine Gedichte nicht,
Doch geb ich zu bedenken:
Was meine Feder dir entriss,
Das konntest du nur schenken.

Immergrün

Als das Wunder, das wir waren,
Sich in welke Blätter zweigte,
Ließen wir die Hoffnung fahren
In die Sense, die sich zeigte.

Doch die Wurzel saß noch tiefer
Als der Schnitt, den wir vollbracht.
Neue Knospen treiben wieder
Ihre Blüten über Nacht.

Tag der Befreiung

In der ersten Reihe steht
Der Gesandte, höchst geweiht,
Vor dem Mahnmalblumenbeet,
Ins Ensemble eingereiht,
Wagt sich an das Opfer ran,
Das sich nicht mehr wehren kann.

In Gedenken starrt der Bube,
Eingerahmt durch jene Feier,
Wieder in die Mördergrube,
Einstmals Henker, heut: Befreier.
Selbst der Deutsche strebt auf Erden
Stets aufs Neue gut zu werden.

Sieht man auf die Fahnenschwenker,
Fehlt ein Land hier namentlich,
Einst Befreier, heute Henker,
Keiner merkt es, doch man hat sich
Immerhin dabei gedacht:
Die Geschichte wird gemacht.

Die Eifersucht

Übelmeinend ist der Ruf,
Den das Leben mir verschuf:
Nämlich dass, ging etwas schief,
Hinterher ein jeder rief:

Schuld trägt hier der Totengräber,
Er, des Teufels größter Streber,
Schadete der Sache arg,
Stieß sie rücklings in den Sarg.

Hilflos, wie die Eifersucht,
Mehr aus Ohnmacht, denn aus Wucht,
Weiß ich, dass ich dann vergrabe,
Was ich längst verloren habe.

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