Aus der kommoden Haltung heraus, die man bei der Betrachtung des Harmlosen, beispielsweise der eines Kauzes, einzunehmen pflegt, klopft man einer Person, die heute noch mit einem vollständigen Satz zu überraschen vermag, stolz mitfühlend auf die Schulter und lacht:

»Sie haben doch bestimmt Germanistik studiert!«

Kultur, scheint es, muss man nicht begreifen, man muss sie nur besitzen. So sind nicht selten diejenigen die ritterlichsten Verfechter der heimischen Kultur, die sie nicht einmal anzuwenden imstande wären. Hinreicht den meisten zu wissen, aus dem Land der Dichter und Denker zu stammen. Dennoch hätte es nichts Ehrenrühriges an sich, die Pflege kultureller Gehege ausgebildeten Fachleuten überantworten zu wollen, wäre die Anfrage nur nicht falsch adressiert. Denn Germanisten, Peter Hacks hat seit den Siebzigern des letzten Jahrhunderts schon verschiedentlich darauf hingewiesen, sind eher zu Kuriositätensammlern bestimmt denn zu Gralshütern. Sie kümmern sich, im trefflichsten Fall, um den Inhalt von Goethes Mülltonne, niemals um dessen Wirken. Die Sprache ist einfach nicht das Metier dieser Zeitgenossen. Die höchste Genusshaltung auch, zu der sie fähig sind, ist das bekiffte Beklatschen des Narren aus Georg Büchners »Leonce und Lena«. So jemand stolpert über keinen Satz, schon gar nicht über den eigenen.

Wenn Sie also mal wieder einen gescheit gebauten Satz hören, fragen Sie den glücklichen Urheber doch höflich:

»Weshalb nur haben Sie nicht Germanistik studiert?«